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Pflegegrade und Pflegeleistungen: Welche Unterstützung steht zu?

Verfasst von Kip Sloane

Die Pflegebedürftigkeit stellt eine herausfordernde Lebenssituation dar, die Menschen jeden Alters treffen kann. Sie tritt ein, wenn gesundheitliche Beeinträchtigungen die Selbstständigkeit oder Fähigkeiten einer Person so stark einschränken, dass sie auf die Hilfe anderer angewiesen ist.

In diesem Artikel widmen wir uns dem Thema Pflegegrade und den damit verbundenen Leistungen für pflegebedürftige Menschen. Egal, ob Sie selbst von Pflegebedürftigkeit betroffen sind, sich auf eine mögliche Zukunft vorbereiten möchten oder einfach mehr über das Thema erfahren wollen – dieser Artikel bietet Ihnen einen umfassenden Überblick über Pflegegrade und die Unterstützungsmöglichkeiten, die es gibt, um pflegebedürftigen Menschen ein möglichst selbstbestimmtes und würdevolles Leben zu ermöglichen.

In diesem Beitrag:

• Was bedeutet eigentlich Pflegebedürftigkeit?

• Was sind Pflegegrade?

• Leistungen für pflegebedürftige Menschen

Was bedeutet eigentlich Pflegebedürftigkeit?

Im 11. Sozialgesetzbuch unter §14 kann man dazu Folgendes nachlesen: „Pflegebedürftig sind Personen, die gesundheitlich bedingte Beeinträchtigungen der Selbstständigkeit oder der Fähigkeiten aufweisen und deshalb der Hilfe durch andere bedürfen. Es muss sich um Personen handeln, die körperliche, kognitive oder psychische Beeinträchtigungen oder gesundheitlich bedingte Belastungen oder Anforderungen nicht selbstständig kompensieren oder bewältigen können. Die Pflegebedürftigkeit muss auf Dauer – voraussichtlich für mindestens sechs Monate – und mit mindestens der in § 15 SGB XI festgelegten Schwere bestehen.“

Was heißt das nun konkret? Pflegebedürftigkeit kann jeden und jede in allen Lebensabschnitten treffen und bedeutet, dass eine Person aufgrund von Krankheit und/oder Behinderung Hilfe durch anderer bedarf. Der Zustand der Hilfebedürftigkeit muss dabei eine gewisse Zeit – mind. sechs Monate – andauern, damit ein Antrag auf Feststellung der Pflegebedürftigkeit bei den Pflegekassen/Pflegeversicherungen gestellt werden kann. Bei der Entscheidung darüber, ob eine Person pflegebedürftig ist oder nicht, werden nicht die Ursachen der eingeschränkten Selbstständigkeit bzw. der eingeschränkten Fähigkeiten betrachtet, sondern die konkreten Auswirkungen auf den Alltag des und der Betroffenen berücksichtigt.

»Pflegebedürftigkeit – Wenn gesundheitliche Herausforderungen Unterstützung und Fürsorge erfordern.«

 

Was sind Pflegegrade?

Um den Grad der Pflegebedürftigkeit festzustellen, muss ein Antrag bei der Pflegekasse bzw. -versicherung gestellt werden. Gutachter und Gutachterinnen des Medizinischen Dienstes (bei den privaten Pflegeversicherungen von Medicproof) beurteilen anhand bestimmter Kriterien und Bewertungssysteme mit den Versicherten die Selbstständigkeit und Fähigkeiten in der Bewältigung alltäglicher Aktivitäten und entscheiden darüber, ob und wenn ja, inwieweit die Person pflegebedürftig ist. Folgende Bereiche des alltäglichen Lebens, auch Module genannt, zur Feststellung des Pflegebedürftigkeit werden dabei in einem standardisierten Verfahren berücksichtigt:

  • Mobilität: zum Beispiel sind Positionswechsel im Bett möglich?
  • Kognitive und kommunikative Fähigkeiten: zum Beispiel werden Personen aus dem näheren Umfeld erkannt?
  • Verhaltensweise und psychische Problemlagen: zum Beispiel sozial inadäquate Verhaltensweisen
  • Selbstversorgung: zum Beispiel Duschen und Baden einschließlich Waschen der Haare
  • Bewältigung von und selbständiger Umgang mit krankheits- oder therapiebedingten Anforderungen und Belastungen: zum Beispiel in Bezug auf Medikation, Verbandswechsel, zeit- und technikintensiven Maßnahmen und Einhalten von krankheits- oder therapiebedingter Verhaltensvorschriften
  • Gestaltung des Alltagslebens und sozialer Kontakte: zum Beispiel Gestaltung des Tagesablaufs und Anpassung an Veränderungen

Der Gutachter beurteilt die Einschränkungen in jedem Modul und vergibt Punktwerte, die am Ende zu einer Gesamtpunktzahl zusammengefasst werden. Daraus ergibt sich dann einer der fünf Pflegegrade. Je höher die Punkte, desto höher der Grad an Pflegebedürftigkeit und folglich der Pflegegrad.

Welche Leistungen gibt es für pflegebedürftige Menschen?

Das Wichtigste zuerst – Leistungen der Pflegebedürftigkeit zu beziehen, bedeutet nicht automatisch eine Aufgabe der Selbstständigkeit oder des selbstbestimmten Lebens. Ganz im Gegenteil fokussiert sich ein Großteil der Leistungen auf eine Verlängerung des selbstbestimmten Lebens in der eigenen Wohnung bzw. im eigenen Haus. Bei zunehmendem Hilfebedarf kann so Schritt für Schritt oder bei gesundheitlichen Krisen auch einfach nur zeitweise wertvolle Unterstützung in Anspruch genommen werden.

Beratungen rund um Pflegegrade gibt es bei öffentlichen Beratungsstellen oder direkt bei Pflegeanbietern. Die Beantragung sollte idealerweise zeitig erfolgen, damit bei Krisen oder einer Verschlechterung ein Leistungsanspruch schnell umgesetzt werden kann.

Grundsätzlich gibt es vier Arten von Pflegeleistungen: (1) Leistungen der häuslichen Pflege, (2) teilstationäre Pflege, Kurzzeitpflege und Übergangspflege, (3) vollstationäre Pflege sowie (4) weitere Leistungen der Pflegeversicherung. Die jeweilige Höhe der Leistungen ist an den Pflegegrad geknüpft.

Im Folgenden möchten wir Ihnen gerne beispielhaft einige Leistungen der häuslichen Pflege und teilstationären Pflege ausführlicher darlegen:

1. Häusliche Pflegeleistungen:

  • Pflegegeld: Liegt mindestens Pflegegrad 2 vor, kann sich die betroffene Person dafür entscheiden, sich von Privatpersonen versorgen zu lassen und dafür Pflegegeld zu beziehen. Die pflegebedürftige Person kann über die Verwendung des Geldes frei verfügen und verteilt dieses in der Regel an die Menschen weiter, die die Pflege und Versorgung gewährleisten.
Pflegebedürftigkeit in Graden
Pflegegrad 2
Pflegegrad 3
Pflegegrad 4
Pflegegrad 5
Leistungen pro Monat
316 €
545 €
728 €
901 €

Pflegesachleistungen: Unter Pflegesachleistungen versteht man beispielsweise die Inanspruchnahme der Unterstützung eines ambulanten Pflegedienstes durch die pflegebedürftige Person. Die Pflegekasse bzw. -versicherung rechnet hierbei direkt mit dem ambulanten Pflegedienst ab. Die Höhe der monatlichen Leistungen orientiert sich am festgestellten Pflegegrad und liegt zwischen 724€ bis 2.095€:

Pflegebedürftigkeit in Graden
Pflegegrad 1
Pflegegrad 2
Pflegegrad 3
Pflegegrad 4
Pflegegrad 5
Leistungen pro Monat
*
724 €
1.363 €
1.693 €
2.095 €

* Pflegebedürftige im Pflegegrad 1 können ihren Entlastungsbeitrag in Höhe von bis zu 125€/Monat auch für Leistungen der ambulanten Pflegedienste einsetzen

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  • Kombination aus Pflegegeld und Pflegesachleistungen: Hierbei können Leistungen aus beiden Bereichen bezogen werden. Das Pflegegeld vermindert sich in diesem Fall anteilig um Verhältnis zum Wert der in Anspruch genommenen ambulanten Sachleistungen.
  • Verhinderungspflege: Ist eine private Pflegeperson vorübergehend verhindert (aufgrund von Urlaub, Krankheit etc.) übernimmt die Pflegekasse für Menschen mit Pflegegrad 2 bis 5 für maximal sechs Wochen im Kalenderjahr die Kosten für eine Ersatzpflege.
Pflegebedürftigkeit in Graden
Pflegegrad 1
Pflegegrad 2
Pflegegrad 3
Pflegegrad 4
Pflegegrad 5
Leistungen der Verhinderungspflege durch nahe Angehörige oder Haushaltsmitglieder
-
474 €
817,50 €
1.092 €
1.351,50 €
Leistungen der Verhinderungspflege durch sonstige Personen (nicht verwandt/verschwägert und nicht im gleichen Haushalt wie pflegebedürftige Person)
-
1.612 €
1.612 €
1.612 €
1.612 €

2. Teilstationäre Tagespflege:

Teilstationäre Tagespflege: In einer Tagespflegeeinrichtung wird die pflegebedürftige Person vorübergehend im Tagesverlauf betreut. Hier stehen neben der Pflege vor allem die Betreuung, die sozialen Kontakte und Aktivierung im Vordergrund. Die monatlichen Leistungen können ab Pflegegrad 2 in Anspruch genommen werden und liegen zwischen 689€ bis 1.995€. Weiterhin kann bei der Inanspruchnahme der Tagespflege auch der oben genannte Entlastungsbetrag zusätzlich verwendet werden. Mehr über die vielfältige Welt der Tagespflege lesen Sie hier (Link zum Artikel Tagespflege).

3. Stationäre Pflege:

  • Kurzzeitpflege: Pflegebedürftige der Pflegegrade 2 bis 5 haben die Möglichkeit bei vorübergehendem Bedarf für bis zu acht Wochen im Kalenderjahr Kurzzeitpflege in einer stationären Pflegeeinrichtung in Anspruch zu nehmen. Die Leistungen betragen hier unabhängig vom Pflegegrad 2 bis 5 jeweils 1.774 €. Auch können Mittel, der noch nicht in Anspruch genommenen Verhinderungspflege, sowie der Entlastungsbetrag hinzugezogen werden.
  • Bei einer dauerhaften vollstationären Pflege zahlt die Pflegeversicherung pauschale Leistungen für pflegebedingte Aufwendungen. Hier sind neben der grundpflegerischen Versorgung auch Maßnahmen der Betreuung und der medizinischen Behandlungspflege inbegriffen. Die monatlichen Leistungen der Pflegekassen je Pflegegrad sind folgendermaßen festgelegt:
Pflegebedürftigkeit in Graden
Pflegegrad 1
Pflegegrad 2
Pflegegrad 3
Pflegegrad 4
Pflegegrad 5
Leistungen pro Monat
Zuschuss in Höhe von 125 €
770 €
1.262 €
1.775 €
2.005 €

Die pflegebedürftige Person muss darüber hinaus einen Eigenanteil für nachfolgende Leistungen erbringen:

  • Unterbringung und Verpflegung
  • Investitionskosten
  • pflegebedingte Aufwendungen, wenn die Leistungen der Pflegekasse nicht ausreichen.

4. Weitere Leistungen der Pflegeversicherung:

    • Wohnumfeldverbessernde Maßnahmen: Um Pflegebedürftigen in der Häuslichkeit eine möglichst eigenständige Lebensführung oder eine erleichtere Pflege zu ermöglichen, können wohnumfeldverbessernde Maßnahmen hilfreich sein. Diese werden mit bis zu 4.000 € bei Pflegegrad 1 bis 5 je Maßnahme bezuschusst.
    • Hilfsmittel: Pflegebedürftige Personen haben Anspruch auf die Versorgung mit Pflegehilfsmitteln. Bei den Verbrauchsprodukten wie z.B. Handschuhen werden monatlich bis zu 40 € über alle Pflegegrade erstattet.
    • Digitale Pflegeanwendungen: Pflegebedürftige aller Pfleggrade haben Anspruch auf bis zu max. 50 € im Monat für die Versorgung mit digitalen Pflegeanwendungen.
    • Wohngruppenzuschlag: Leben pflegebedürftige Menschen in einer ambulant betreuten Pflege-Wohngemeinschaft, können sie unter bestimmten Voraussetzungen zusätzlich zu z.B. Pflegegeld, Pflegesachleistungen, Entlastungsbetrag noch den sog. Wohngruppenzuschlag beantragen. Dieser beläuft sich über alle Pflegegrade auf monatlich 214 €.

Kip Sloane

Kip Sloane ist ein wahrer Pflege-Branchenexperte. Seine Erfahrung sammelte er über zehn Jahre bei der Sozial-Holding – dem innovativen Träger der Altenhilfe – als Referent der Geschäftsführung und Controller, bei der in der Sozialwirtschaft renommierten Unternehmensberatung rosenbaum nagy, sowie im Rahmen seiner Beratertätigkeit.
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