Sie sind hier: Magazin 9 Lebenfreude 9 Reise durch die Welt der Musik

Reise durch die Welt der Musik

Konzerterlebnisse unterschiedlichster Art: Stimmen als Instrumente, harter Rock und feine Streicher mit Vogelgezwitscher

Verfasst von einem passionierten Schreiber

Ungemütlicher werden sie, immer länger und dunkler: die Abende im Winterhalbjahr. Oft nimmt das Wetter mir die Lust, ins Freie zu gehen. Dabei ist es mit zunehmendem Alter immer wichtiger, sich zu bewegen – wenn‘ s geht möglichst regelmäßig. Zeit also, sich schon am Beginn der zweiten Jahreshälfte, wenn auch die neue Kultur-Saison startet, Gedanken zu machen, wie man die Lust steigern kann. Lust auch auf Dinge, die im Sommer eher etwas zu kurz kommen – wie Konzerte zum Beispiel.

In diesem Beitrag:

ONAIR: A-Cappella-Innovation aus Berlin 

„Kings of Glam“ mit Songs der Glamrockstars der 70er Jahre

„The Chambers“, Virtuosen aus Köln mit ausgefeilter Kammermusik

• Tipps rund um Ihren Konzertbesuch

ONAIR: A-Cappella-Innovation aus Berlin

Auf Anhieb springt mir in der Lokalzeitung eine kleine Einladung zu einem a-cappella-Konzert (Singen ohne Instrumente, die „notfalls“ durch die Stimme imitiert werden) in der Klosterkirche im benachbarten Hürtgenwald , die ich noch nie besucht habe, ins Auge. Diese Art Konzerte gibt’s wahrlich nicht jeden Monat.  Songs der „Prinzen“, „Wise Guys“ oder „Flying Pickets“ höre ich immer wieder gerne, „Onair“ ist mir aber noch nie aufgefallen. Dabei hat sich die 2013 gegründete Berliner Musikgruppe mit internationaler Besetzung längst von Moskau bis in die Vereinigten Staaten einen Namen gemacht, ehe sie sich als Quartett mit „Helfer“ in der „Beatbox“ in die Voreifel „verirrt“.

Der volle Kirchenraum ist fast total dunkel, ein paar „Nebelschwaden“ sind zu erahnen. Urplötzlich Gestalten im Scheinwerferlicht : Gleich mit den ersten Tönen fesseln zwei Sopranistinnen, ein Tenor und ein Bariton mit ihren glasklaren Stimmen die Zuhörer. Weltberühmte Lieder unterschiedlichster Art wechseln sich in ganz ungewöhnlichen Arrangements ab: mal als Vokal-Pop, dann im Swinging-Stil, mal ganz zart vorgetragen, dann kraftvoll; daneben auch Eigenkompositionen. Die Akustik des hohen Kirchenschiffs verbessert ( wenn überhaupt möglich) noch den Hörgenuss über zwei Stunden. Unter der hinter dem Altar hängenden Fahne mit der Aufschrift „Nie wieder Krieg“ zum Abschluss eine ungewöhnliche Version von John Lennons  „Happy Xmas – war is over“ – Anspielung auf die aktuellen, schrecklichen Kriege in Israel und der Ukraine sowie andere Auseinandersetzungen weltweit. Kurze Pause – dann wie bei den vorherigen Stücken ein Beifallssturm.

Nachdenklich und außerordentlich beeindruckt von den „Onair“-Stimmen machen meine Frau und ich uns auf den Heimweg. Und hoffen inständig, dass „Onair“ bald  wieder in die Voreifel kommt.

Doch diese Hoffnung scheint trügerisch zu sein: Gerade signalisiert mir „Onair“, dass sich die Gruppe Ende 2024 nach reiflicher Überlegung und mit unfassbarem Bedauern nach elf erlebnisreichen Jahren auflösen wird. Hauptgrund: Corona. Während der Pandemie keine Konzerte, keine Einnahmen. Und jetzt ist aus dem früheren Sturm auf Eintrittskarten ein laues Lüftchen geworden. Zu wenig, um davon Miete bezahlen und leben zu können. Sie teilen das Schicksal so mancher Künstler. Daher habe man sich dazu entschieden, die Band mit „Pauken und Trompeten“ zu einem Finale zu führen. Hierbei bekomme das neue Programm „New Born“ eine ganz besondere Bedeutung: Es werde ein Rückblick auf die wichtigsten Meilensteine der Band und biete gleichzeitig Raum für emotionale Neukompositionen. Schlusspunkt werde das Weihnachtsprogramm „Joy to the World“ sein. Konzerttermine für das erste Halbjahr 2024  im Internet unter https://www.onaironline.de

ONAIR New Born

Mit der Vision, die Grenzen des Musizierens in einer instrumentenfreien Welt zu erkunden, formierte sich ONAIR.
Fotocredit: Chris Gonz | Quelle: ONAIR – magenta artists (magenta-artists.de)

„Kings of Glam“ mit Songs der Glamrockstars der 70er Jahre

24 Stunden später Kontrastprogramm: Im Theater der Kreisstadt Düren wird’s rockig. Die „Kings of Glam“ heizen mit Songs der Glamrockstars der 70er Jahre ein. Zwei Gitarristen greifen vehement in die Saiten, der Schlagzeuger gibt Takt und Tempo vor, bearbeitet seine diversen Schlaginstrumente mit sichtlicher Begeisterung, die Sängerin wirkt zuerst etwas verhalten, tritt dann aber derart aufs „Gaspedal“, dass das Publikum schnell in Wallung kommt. Und sie beginnt gleichzeitig, sich ein wenig zu „entblättern“. Hits von Queen, Slade, T-Rex, David Bowie, The Sweet und Gary Glitter elektrisieren die Zuhörer, Songs wie „Children of the Revolution“, „Cum on feel the Noize”, “Fox on the run” oder “Teenage Rampage” lassen viele Rockfans stehend mitklatschen und im Takt wippen. Die Disco-Zeit mit einigen meiner damaligen Lieblingshits lebt wieder auf – auch wenn ich eigentlich mehr auf Beatles, Beach Boys und Queen stand.

Natürlich haben die meisten Gäste die Originale im Ohr – und vergleichen sie mit den jetzigen Darbietungen: Die „Rockröhre“ verleiht den Songs neue, vergleichsweise ungewöhnliche „Farben“ – und erntet mit den Bandkollegen stehende Ovationen. Die gute, alte Glamrock-Zeit in neuem Gewand.

»

Die Disco-Zeit mit einigen
meiner damaligen Lieblingshits
lebt wieder auf.
»

„The Chambers“, Virtuosen aus Köln mit ausgefeilter Kammermusik

Um unsere „Konzertreise“ abzuschließen, geht’s in Jülicher Zitadelle. Schließlich muss es ja nicht gleich die Hamburger Elbphilharmonie sein. In der Schlosskapelle der Zitadelle ziehen „The Chambers“, Virtuosen aus Köln, mit ihrer ausgefeilten Kammermusik das Publikum wie ein Magnet an. Man kann die berühmte Stecknadel kaum fallen hören, wenn die acht vom russischen Meisterviolinisten Artiom Kononow ausgesuchten, exquisiten Musiker aus verschiedensten Ländern mit ihren Instrumenten glänzen. Seit zehn Jahren sind sie auf Tour – vom Fuße der Pyrenäen bis zur Insel Föhr. Besonders gerne spielen sie dabei in historischen Dorfkirchen in ganz Europa, weil diese in der Regel über eine exzellente Akustik verfügen. So auch die Jülicher Schlosskapelle.

Kononow als erster Geiger entstammt wie seine Ensemble-Kollegen an Violine, Viola, Cello, Bass und E-Piano der Jungen Philharmonie Köln sowie der Hochschule Musik und Tanz Köln. „Sahnehäubchen“ bei den meisten Auftritten ist der Moldawier Ion Malcoci : Der „Paganini der Panflöte“ stammt aus Rumänien, ist wie seine Kollegen vielfacher Preisträger und lotet mit unglaublicher Leichtig- und Schnelligkeit die Möglichkeiten von Pan- oder Querflöte bis ins Letzte aus. Unnachahmlich seine Interpretation einer rumänischen Fantasie, wenn er mittendrin urplötzlich diverse Vogelstimmen erklingen lässt.

Das Besondere an den „Chambers“ sind die auf die Instrumentalbesetzung ausgerichteten raffinierten Eigen-Arrangements ihrer Darbietungen , die viel Kreativität mit hohem Musikniveau einzigartig verbinden. Dabei „servieren“ sie Crossover-Musik von Klassik über Film bis Pop, von Vivaldi, Bach, Rachmaninow oder Chatschaturjan bis Kreisler, Mancini oder Morricone bis zu  Queen. Immer bekommt die Musiker-Riege dabei Gelegenheit, sich im harmonischen Zusammenklang ebenso zu profilieren wie als Solisten.

Äußerst beeindruckt geizt das Publikum nach jedem Titel nicht mit verdientem Applaus, der nach der obligatorischen Zugabe zum fast nicht enden wollenden „Sturm“ wird. Und nicht wenige Zuhörer wünschen sich, das „The Chambers“ die Schlosskapelle möglichst bald wiederfinden…

 

The Chambers – es muss nicht gleich die Elbphilharmonie sein, um große Klassik zu erleben. 

Tipps rund um ihren konzertbesuch:

  • Woher bekomme ich Informationen?
    Intensiver Blick in die Tageszeitung, Suche im Internet auf den Seiten der Kultur-Anbieter im Umkreis sowie der interessierenden Künstler, städtisches Kulturamt, Gespräche mit Bekannten, Freunden und Nachbarn.

  • Wo gibt es Eintrittskarten?
    Im Internet bei den Interpreten, bei Ticket-Anbietern, im Stadttheater oder vielleicht Kulturamt.

  • Wann fahre ich los?
    Wenn ich keinen festen Sitzplatz buchen konnte, starte ich so früh, dass ich mindestens eine Stunde vor Konzertbeginn vor Ort bin und auch genügend Zeit habe für die Parkplatzsuche. Selbst mit konkretem Sitzplatz so früh, dass ich mich je nach Anlass oder Laune mit einem Glas Sekt, Wein oder Bier einstimmen und mich gegebenenfalls mit Bekannten austauschen kann.

  • Welche Art Musik?
    Von a-cappella  über Rock und Pop bis hin zu Klassik.