CAREVOR9: Schönes Leben lockt Investoren für Exklusives Service-Wohnen

In den nächsten Jahren will die Schönes-Leben-Gruppe die 100-Millionen-Euro-Marke erreichen. Das hat Geschäftsführer Kip Sloane (Foto) vor einem Jahr gesagt, als das Unternehmen sich von Compassio abgespalten hat. Es sieht ganz so aus, als könne dieser Plan aufgehen. Im Interview spricht der 35-Jährige über seine Wachstumspläne und erklärt, warum das exklusive Service-Wohnen das Interesse der Investoren weckt.
Hat sich die Ausgründung von Schönes Leben aus Compassio für Sie gelohnt?
Kip Sloane: Ja, definitiv – es war, um ehrlich zu sein, wie eine Unternehmensgründung auf Steroiden. Wir mussten schließlich alles neu aufsetzen: ein Bestandskernteam, neue Teams in den Bereichen Verwaltung, Finanzen, Personal und Property Management sowie die gesamte Unternehmensstruktur, die früher in der großen Gruppe integriert war. Aber es hat sich mehr als gelohnt: Das Engagement, die Energie und die Dynamik sichern unsere Zukunftsfähigkeit für Expansion und Erfolg.
Unsere Bestandshäuser sind jetzt Gotha – mit vier Jahren unser ältestes Haus –, Gladbeck, Erftstadt, Wolfsburg. Dieses Jahr haben wir bereits Neu-Ulm eröffnet, Wuppertal kommt noch hinzu. Diese sechs wunderbaren Häuser sind unsere Basis. Außerdem haben wir fünf vertraglich gesicherte Projekte und weitere drei Projekte, deren Eröffnung wir in den nächsten drei bis fünf Jahren erwarten, darunter auch ein Auslandsprojekt auf Mallorca. Wir haben also insgesamt acht weitere Projekte in der Pipeline.
Unseren Umsatz haben wir um 50 Prozent in zehn Monaten steigern können. Wir befinden uns in einer intensiven Wachstumsphase – unsere Maßgabe lautet jetzt: zwei Projekte pro Jahr in Betrieb nehmen.
Wie haben Sie es geschafft, Ihren Umsatz um 50 Prozent zu steigern?
Das geht zum großen Teil auf die schnell hintereinander folgenden Neueröffnungen zurück, besonders auf den Fünf-Sterne-Standort Erftstadt. Den haben wir Anfang letzten Jahres mit 163 Wohnungen eröffnet und liegen jetzt, also ziemlich genau anderthalb Jahre später, bei über 90 Prozent Auslastung, das gilt auch für die Tagespflege sowie die ambulant betreuten Wohngemeinschaften. Wir haben also den gesamten Standort in kürzester Zeit in die Vollbelegung gebracht. Das Haus ist fester Teil des Ortes geworden, beheimatet eine Vielzahl an internen und externen Veranstaltungen und schreibt unzählig viele schöne Lebensgeschichten.
Die Immobilie in Erftstadt (Foto oben) wurde übrigens durch den neuen Gesellschafter, einem niederländischen Family Office aus der Bau- und Projektentwicklung, entwickelt und anschließend an den institutionellen Investor M&G veräußert. Schönes Leben bleibt als Betreiber über 20 Jahre gebunden. Das zeigt: Das Modell funktioniert wirtschaftlich und überzeugt auch institutionelle Wohnen-Investoren.
Was kostet das betreute Wohnen bei Ihnen?
Da unser Produkt sehr besonders ist, gehen wir auch sprachlich einen neuen Weg und nennen dies 'Exklusives Service-Wohnen', das in die Kategorie der Residenzangebote gehört. Das bedeutet: Wir bieten individuellen und hochwertigen Wohnraum mit durchschnittlich 70 bis 75 Quadratmeter an und ergänzen diesen um inkludierte und optionale Angebote aus Gesundheit, Sport, Kultur, Kulinarik und Umsorgung. Es handelt sich also um richtige Wohnungen mit Lebensgefühl, was uns abgrenzt zum klassischen betreuten Wohnen mit 40-Quadratmeter-Apartments.
Nehmen wir Erftstadt als Beispiel: Da wird eine Wohnung statistisch betrachtet von 1,5 Personen bewohnt. Der Durchschnittspreis einer Durchschnittswohnung von 70 Quadratmetern mit einer Durchschnittsbelegung beträgt circa 3.500 Euro. Darin sind alle verpflichtenden Preisbestandteile enthalten: Miete, Nebenkosten, das Servicepaket, die 24-Stunden-Anwesenheit der Pflegekraft vor Ort.
Was macht es so teuer?
Zunächst: Wir sind ausschließlich in Neubauten unterwegs. In unseren Häusern gibt es wie in gehobenen Hotels eine 24-Stunden-Rezeption. Außerdem haben wir ein klassisches Concierge-Konzept und bieten umfassenden Service an. Ein paar Beispiele: Ich möchte morgens um sieben meine Brötchen am Türknopf hängen haben. Ich möchte, dass meine Wasserkästen nach oben gebracht werden. Ich möchte, dass während meines dreiwöchigen oder dreimonatigen Sommeraufenthalts auf Ibiza meine Pflanzen gegossen werden – dann gießen wir die Pflanzen und holen die Post rein. Wir machen alle diese Wünsche möglich.
Das gehört dann aber nicht zum Service-Paket? Was genau gehört zum Service-Paket?
Zum Service-Paket gehören zwei Bausteine. Das ist einmal der Zugang zu den attraktiven Gemeinschaftsflächen. Wir haben an unseren Standorten ein Fitnessstudio, einen Wellnessbereich mit Sauna, Ruheraum und eigenem Friseur. Außerdem gibt es eine Bibliothek, unser 'verlängertes Wohnzimmer', und einen Clubraum, in dem man sich einfach treffen kann.
Der zweite Teil des Pakets umfasst die Gemeinschaftsaspekte, wir nennen es auch unser Unterhaltungs- und Veranstaltungsprogramm. Das kann das Pianokonzert oder der Weinabend in der Bar sein, der Malkurs mit Aquarellfarben oder der gemeinsame Spaziergang – auch eine Skatrunde oder ein gemeinsamer Kochabend mit unserer Ernährungsberaterin sind heiß begehrt. Den gesellschaftlichen Trend der Vereinsamung haben wir fest im Blick und setzen daher proaktiv auf Gemeinschaft und Geselligkeit.
Wir haben außerdem in jedem Haus eine eigene Gastronomie – ein öffentliches Restaurant mit deutscher Küche regional und saisonal. Dazu gibt es die Möglichkeit, den hauseigenen ambulanten 24-Stunden-Pflegedienst und eine Tagespflege in Anspruch zu nehmen. In den größeren Häusern haben wir auch ambulant betreute Pflegewohngemeinschaft.
Können in Ihren Häusern auch sehr pflegebedürftige Bewohner leben? Und, wie viele sind überhaupt pflegebedürftig?
Weniger als die Hälfte haben einen Pflegegrad. Aber ein höherer Pflegegrad ist kein Problem für unseren ambulanten Dienst.
Und wie sieht es mit Demenz aus?
Ich sage immer, eine Linie ist erreicht, wenn es in eine Fremd- oder Selbstgefährdung reingeht. Aber mit einem Frühstadium der Demenz und auch einer gut eingestellten Demenz können Bewohner sowohl in der eigenen Wohnung als auch in unseren WGs gut leben.
Wer ist Ihre Zielgruppe? Wer kann sich Ihr Angebot leisten?
Die Zielgruppe stammt zu 90 Prozent aus dem gehobenen Mittelstand. Viele veräußern ihr Einfamilienhaus, verfügen über Rücklagen und Renten und suchen eine sichere, komfortable Wohnform mit Ihresgleichen. Es ist die Generation Einfamilienhaus: pensionierter Lehrer, ehemalige Abteilungsleiter aus einer lokalen Behörde oder einem regionalen Unternehmen, ein Handwerksmeister, der seinen eigenen Betrieb hatte.
Wir haben uns das mal in Zahlen angeschaut: Es sind im Grunde die Vermögenspotenzialmillionäre, also Menschen, die ihr Einfamilienhaus für circa 400.000 Euro veräußern, wenn sie bei uns einziehen. Und: Sie haben ein Sparvermögen von 200.000 bis 300.000 Euro und verfügen über gesicherte regelmäßige Einkünfte beziehungsweise Renteneinkünfte.
Unsere neu gebauten Immobilien sind für viele Senioren reizvoll, denn sie können sich noch einmal eine Traumwohnung aussuchen. Viele fühlen sich auf Anhieb wohl, denn das Interieur ist moderner als das, was sie bisher mit einem Seniorenheim assoziiert haben. Durch Annehmlichkeiten wie die zentrale Bar wirkt alles sehr lebendig, man kann sich mit Leuten treffen, plaudern.
Welches Wachstumspotenzial hat der Markt für Exklusives Service-Wohnen?
Der deutsche Markt entwickelt sich langsamer als vergleichbare Märkte etwa in Großbritannien. Dort gelten sogenannte Integrated Retirement Communities als eigene Investitionsklasse. Aber auch in Deutschland wächst das Interesse. Der Markt ist Demografie getrieben und hat wirklich ganz viel Zukunftspotenzial – so viel, dass reichlich Platz für alle Anbieter ist. Tatsächlich ist die Situation so perfekt, dass ich mich mit den meisten Mitbewerbern sehr gut verstehe. Es herrscht ein offener Austausch, wir begegnen uns nicht als Konkurrenten. Es gibt einfach so viel Nachfrage, dass man gar nicht kämpfen muss. Zusammengefasst, würde ich sagen: Im Gegensatz zu UK ist unser Markt wenig konsolidiert und nur wenige Akteure expandieren aktiv. Das schafft Spielraum für Anbieter mit skalierbarem Konzept.
Wie wollen Sie weiterwachsen?
Schönes Leben plant, wie gesagt, zwei bis drei Eröffnungen jährlich. Der Ausbau erfolgt entweder mit Partnern oder durch eigene Projektentwicklung. Ich bin vorsichtig optimistisch, dass wir bis Jahresende etwas zur Erweiterung unserer aktuellen Partnerschaften sagen können. Aktuell führen wir Gespräche mit internationalen Investoren, um das Tempo bei günstiger Marktlage zu erhöhen. Unser Ziel ist, das Segment Exklusives Service-Wohnen als eigene Investmentklasse weiter zu etablieren.
Was mir in der Hinsicht richtig gute Laune macht, ist Erftstadt: Das war für den gesamten Markt nach langer, langer Zeit eine Transaktion, in der ein Investor ein Seniorenwohnangebot als ein Wohn-Investment betrachtet hat. Der Markt auf der Investorenseite erkennt endlich: Wohnen für Senioren auf der Betreiberseite hat nichts mit Pflegeheimen zu tun, sondern ist eine ganz eigene Investmentklasse.
Kip Sloane ist seit 2022 Geschäftsführer der Schönes Leben Gruppe. Er studierte Catering, Tourismus und Hospitality Services an der Hochschule Niederrhein und schloss 2016 mit einem Master of Business Administration ab. Anschließend arbeitete Sloane vier Jahre für die Sozial Holding Mönchengladbach, bevor er zur Unternehmensberatung Rosenbaum Nagy wechselte. 2021 gründete er mit "Beratermut" eine eigene Beratungsgesellschaft. Neben seiner Tätigkeit bei der Schönes Leben Gruppe lehrt er an der FOM Hochschule für Berufstätige sowie an der Dualen Hochschule Baden-Württemberg (DHBW) in Villingen-Schwenningen.
Das Interview führte Kirsten Gaede
Quelle: Schönes Leben lockt Investoren für Exklusives Service-Wohnen | CAREVOR9